LOBEDA

Das Kunsthaus sans titre in Potsdam stellte über 90 bisher noch nie gezeigte Zeichnungen der Kölner Künstlerin Sabine Moritz aus.

Ausstellungsdauer: 27. August –11. September 2011
Kuratiert von Andrea Lehner

LOBEDA – der Titel dieser beachtenswerten Zeichenserie verweist auf den Stadtteil Lobeda in Jena, wo Sabine Moritz von 1973 bis 1981 lebte. Die Zeichnungen entstanden ein Jahrzehnt später in den Jahren 1991/92 während ihres Studiums in Offenbach und Düsseldorf. Dass diese Arbeiten im Kunsthaus sans titre zum ersten Mal der Öffentlichkeit gezeigt werden konnten, verdankte sich einem glücklichen Zufall. Sie sind im Winter 2009 bei einem Besuch des Verlegers Walther König und des Kurators Hans Ulrich Obrist in dem Kölner Atelier der Künstlerin entdeckt worden, wo sie lange Zeit unbeachtet in einer Mappe lagen.

Die Zeichnungen fallen nicht nur durch ihre schwarz-weiße Tonalität, den flüchtigen Charakter, die eigenwilligen Perspektiven und die beeindruckenden Details auf, sondern vermitteln gleichsam das Gefühl, einen intimen Einblick in das private Tagebuch der Künstlerin zu bekommen. Auf Grundlage ephemerer Gedächtnisbilder, zeichnete Sabine Moritz zu Beginn ihrer künstlerischen Entwicklung die Formen ihrer, in einer Plattenbausiedlung bei Jena verbrachten, Kindheit und Jugend. Bilder weitläufiger Plätze, Gebäude aller Art, detailgetreue Innenräume, Einrichtungsgegenstände, Spielplätze, Schulen und Straßen erscheinen wie Gedankenblitze, die von der Künstlerin auf dem schnellsten Wege, im Moment des Erinnerns festgehalten wurden. Keine Personen, keine Tiere, nur gelegentlich weisen einige Bäume oder Zimmerpflanzen auf menschliche Existenz hin. Desolat und gleichzeitig nostalgisch wirken diese Zeichnungen, die einer rückblickenden fotografischen Aufnahme aus der Kindheit der Künstlerin gleichen. Sie sind Zeugnisse einer künstlerischen Reflexion, die den Bogen zwischen der unwiederbringlichen Jugend mit all ihren Einzelheiten und einer bereits eingetroffenen Gegenwart spannt. „In den Bildern von Sabine Moritz sind Gedächtnis und Raumwahrnehmung auf außergewöhnlich schöne Weise zum künstlerischen Thema verknüpft“…und die „grundlegenden Fragen über das Verhältnis von Bild, Raum und Erinnerung werden im Rahmen einer sehr persönlichen Geschichte gestellt.“ (H.U. Obrist)

Mikos Meininger, der in Jena gebürtige Maler und Mitbegründer des Kunsthauses sans titre, wurde beim Besuch eines Freundes in seiner Heimatstadt auf einen Bildband mit Zeichnungen aufmerksam. Der Titel LOBEDA, Name für das Wohngebiet, das man als “Platte” leichthin bezeichnete, war auch der Ort seiner ersten eigenen Wohnung. Von den Zeichnungen sehr berührt, sowie im Bewusstsein der heutigen Situation im Ringen um den Erhalt und gegen den geplanten Abriss des Kunsthauses sans titre in einem Wohngebiet im Zentrum Potsdams, bildete dies den Ausgangspunkt für das Interesse an dieser Ausstellung.

Bei der erfolgreichen Ausstellungseröffnung am 26.08.2011 mit über 200 Besuchern, waren zahlreiche Gäste aus der internationalen Kunstszene erschienen: U.a. der Kölner Verleger Walther König, die New Yorker Kuratorin Pamela Kort und Dr. Michael Hering vom Kupferstich-Kabinett Dresden.

(Text: A. Lehner)